Zum Inhalt springen

Pentax 645Z – die Betrachtung

DSC03293

Digitales Mittelformat – für viele Fotointeressierte vermutlich unerreichbar wie ein Riva-Motorboot und vielleicht gerade aus diesem Grunde so reizvoll. Ich habe im letzten Jahr einige Tage mit der 645D arbeiten können, nannte sie in Anlehnung an die Pentax 67 „The Beast“ liebevoll „Die Axt“ und das kam nicht überall gut an. Ich verzichte nun auf einen Kosenamen, will die Bindung zur Kamera auch nicht zu intensiv werden lassen, um leichter mit dem Trennungsschmerz umgehen zu können.

DSC03302

Die zweite Generation der digitalen 645 von Pentax (Ricoh Imaging) bringt einige Neuerungen mit (Technische Daten in erschöpfender Breite). Außen hat sich an der guten Bedienbarkeit der weiterhin sehr robusten Kamera kaum etwas geändert, das brillante wie große Display lässt sich nun auch klappen, einige Knöpfe haben daher die Position geändert, das Typenschild ist nun silbern mit schwarzer Schrift – vorher war es umgekehrt. Im Inneren hat sich dagegen reichlich getan. Neu ist neben dem neuen PRIME III Prozessor der CMOS-Bildsensor von Sony mit 51,4 Megapixel Auflösung und einer Empfindlichkeit bis zu ISO 204800, die Aufzeichnung von Full-HD Video ist möglich, Live View ist an Bord, auf einen Tiefpassfilter wird verzichtet. Fraglos eine Notiz wert, ist der Umstand, dass der Sensor auch von Hasselblad (H5D-50c) und Phase One (Rückteil IQ250) verbaut wird, wobei die beiden Mitbewerber deutlich höhere Preise für ihre Geräte verlangen. Die H5D-50c (Gehäuse) kostet rund 25.000 Euro und das IQ250 schlägt sogar mit rund 30.000 Euro zu Buche – das Pentax-Gehäuse kommt auf rund 8.000 Euro und wird daher preislich eher gegen die Profi-Vollformatkameras Nikon D4s (rund 6.200 Euro) oder die Canon EOS-1D X (rund 6.000 Euro) antreten. Das am Rande.

DSC03299

Mit einem Gewicht von 2,037 kg (schussfertig mit dem 2.8/55mm) ist die Pentax alles andere als ein Leichtgewicht, lässt sich aber am großen Griff erstaunlich gut halten – zum Vergleich: Eine Hasselblad 503 CW mit Winder, Prisma, 2.8/80mm und dem digitalen Rückteil CFV-50 bringt rund 2,650 kg plus Batterie und CF-Karte auf die Waage. Auf Dauer ist die Arbeit auf dem Stativ schon bei etwas längeren Verschlusszeiten absolut zu empfehlen, wobei die beiden Stativgewinde unter der 645Z und an deren rechten Seite ausgesprochen hilfreich sind. Sechzehn Objektive stehen derzeit für das Bajonett zur Verfügung, wobei die FA-Reihe keinen Bildstabilisator mitbringt, die DFA-Objektive dann aber schon. Darüber hinaus adaptieren nicht wenige Pentax-Fotografen ihre alten 67er Scherben. Beim manuellen Fokussieren muss man allerdings verzichten auf die Möglichkeit, eine Mattscheibe mit Schnittbild o.ä. zu bestellen, auch Katzeye hat so etwas bislang nicht im Programm. Allerdings lässt Pentax den Nutzer nicht alleine und gibt optisch wie auch akustisch bei halb gedrücktem Auslöser kund, wenn man das angepeilte Objekt scharf hat. Über den Menüpunkt „Live View“ kann man darüber hinaus auch noch ein Peaking aktivieren, dass dann aber auch nur über das Display zu nutzen ist. Das liegt in der Natur der Sache, stellt mich als Sucher-Fan aber nicht ganz zufrieden.

DSC03287

Die Bedienung ist, wie ich schon skizzierte, sehr einfach, alle wichtigen Funktionen sind schnell zu erreichen, selbst die Spiegelvorauslösung ist mit einem einzigen Regler zu bedienen – das ist bei dem großen Spiegel auch sehr sinnvoll. Ich habe zudem den Vorteil, dass ich die Pentax K-3 schon kenne und damit im Menü vor keine Rätsel gestellt werde, aber ich behaupte, dass man sich das auch ohne Lektüre der Bedienungsanleitung schnell aneignen kann. Anders als vielleicht bei Olympus, wo ich anhand der kleinen OM-D die Bedienung bitter beklagte, was nicht alleine dem kleinen Gehäuse geschuldet war. Alles in allem unterscheidet sich die Steuerung der Kamera deutlich von den Mitbewerbern im digitalen Mittelformat – der Umstieg von einer DSLR wird einem – die entsprechende Solvenz vorausgesetzt – leicht gemacht.

645Z_accessories_map

Eine kleine Übersicht über das lieferbare Zubehör hat Pentax vorgelegt und sie illustriert, was der Kamera von Werk aus zunächst einmal fehlt, wie zum Beispiel ein GPS-Modul oder WiFi, aber beides ist ja zu bekommen und so teuer nicht. Das Pentax O-GPS 1 amaz wird oben auf den Blitzschuh gesetzt, mit der einer EyeFi-Karte nicht unähnlichen O-FC1 16GB SDHC FLU-Karte amaz wird die drahtlose Übertragung auf ein Tablet oder Smartphone möglich, ebenso die Kamerasteuerung.

IMGP9265-Bearbeitet
ISO 100, 55mm, f/2.8, 1/500s

Ein Shooting mit Model habe ich in den wenigen Tagen, in denen ich die 645Z zur Verfügung hatte, nicht auf die Beine stellen können, aber das Wissen darum, dass mein geschätzter Freund und Kollege Patrick Ludolph eben dieses tun wird, tröstet mich sehr darüber hinweg. Ich darf also nur zu gerne auf neunzehn72.de verweisen, wo er seine Eindrücke vorstellt. Hier nun aber zumindest ein Portrait eines guten Freundes, ein Schnappschuss, der zumindest Schärfentiefe und Bokeh nachvollziehen lässt. Sehr lässig!

IMGP9178-Bearbeitet
ISO 100, 55mm, f/2.8, 1/6s

Dessen ungeachtet, ist es natürlich auch mir möglich, weitere Bildergebnisse zu präsentieren, keines „out of cam“, allesamt bearbeitet in Adobe Photoshop Lightroom 5amaz sowie Alien Skin Exposure 5 und doch denke ich, dass man diesen beeindruckenden Dynamik, mitunter die Möglichkeiten der Freistellung, die Brillanz nachzuvollziehen, die möglich ist.

IMGP9256-Bearbeitet
ISO 100, 55mm, f/6.3, 0,4s

Nicht ausprobiert habe ich die Leistung der Kamera im hohen ISO-Bereich, aber dankenswerter Weise gibt es ja Leute, wie den Fotografen Ming Thein, der sich hier oder hier die Mühe gemacht hat.

IMGP9292-Bearbeitet
ISO 100, 150mm, f/5.6, 1/800s

Auch im Telebereich und bei etwas weiter geschlossener Blende ist die Freistellung schon sehr fein und auch der Dynamik-Umfang ist sehr weit vorne, wie vielleicht das folgende Bild bei Dämmerung ganz brauchbar illustriert, obwohl bei Offenblende gegen das Licht aufgenommen.

IMGP9399-Bearbeitet
ISO 200, 55mm, f/2.8, 1/2000s

Was schwer wiegt und nicht mehr ganz so kompakt ist, will gut transportiert werden. Zur Kamera hatte Pentax mir mitgeliefert ein B&W Outdoor Case Typ 40 RPD (variable Facheinteilung) schwarzamaz, wo die Kamera mit aufgesetztem 55m, das 150 mm, zwei Akkus, das Ladegerät und etwas Kleinzeug gut hinein passt. Für einen Ausflug war mir der Koffer aber zu sperrig und so griff ich auf das bewährte Ari Marcopoulos Bag zurück, das alles das sehr bereitwillig aufnahm und gerade beim Objektivwechsel sehr praktisch war.

645Z_ファインダー内画像データ

Zur nörgeln gibt es natürlich auch etwas und zwar an der Blitzsynchronzeit, die mit 1/125 s nicht sonderlich kurz ist. Da ist Hasselblad mit dem hier bereits genannten Modell, das 1/500 s bietet besser aufgestellt. Allerdings ist es kein Ausschlusskriterium, da sich die Freistellung auch bei weiter geschlossener Blende realisieren lassen. Auch finde ich den Rahmen, in dem man durch den Sucher das AF-Feld verschieben kann, leider sehr klein, wie man hier oben sehen kann. Man ist durch die Systemkameras aber auch schon etwas verdorben. Beklagen tue ich mich kaum darüber, dass die 645Z auf der Straße sofort auffällt, aber „Street“ ist ja eh nicht so mein Feld.

Mein Fazit ist dennoch sehr wohlwollend, das sollte es auch sein bei einer solchen mächtigen und leistungsstarken Kamera. Es hat viel Spaß gemacht, mit ihr zu fotografieren, das Handling ist problemlos, wenn man nicht zu schwächlich ist. Der Auslöseklang, der mir immer so wichtig ist, kommt nicht an eine Pentax 67 ran, aber man wird dennoch darauf verzichten, bei Hochzeiten in Kirchen damit Bilder zu machen, was nicht an der fehlenden ISO-Leistung liegt, sondern eher an der Sorge, die Zeremonie zu stören. Auch für Sportaufnahmen mit schneller Bildfolge sollte man anderes Gerät wählen, aber wenn man ein wenig Zeit hat, sich einlässt, dann ist die 645Z, die auch „Schnappschuss“ kann, selbst für den gut situierten Hobby-Fotografen erreichbar. Man darf sich nur nicht der Illusion hingeben, fortan würde man nur noch fotografische Meisterwerke anfertigen. Alleine an der Kamera würde es nicht scheitern.

In meinem Fazit zum Vorgänger hatte ich im letzten Jahr geschrieben, dass ich die 645D nicht wollte, weil ich träumte von einer Hasselblad 503 mit Digitalrückteil. Heute habe ich eine 503 CW, mit der ich ausschließlich mit Film fotografiere und ich nehme an, dass es dabei bleiben wird. Die Rückteile wäre für mich nicht mehr zu rechtfertigen nachdem ich die 645Z habe ausprobieren dürfen.

Beispielbilder:

6 Kommentare

  1. Fotos in Originalauflösung wären nicht verkehrt – in der angebotenen Größe hier kann man die Vorteile eines solchen Systems doch gar nicht erkennen.

  2. Stephan Stephan

    Das stimmt sehr wohl. Ich habe mal zwei Bilder in voller Auflösung unten verlinkt.

  3. Das Gewicht ist im Vergleich mit einer 5D III + 24-70 oder sogar 70-200 2.8 absolut zu vernachlässigen. Die 300g Unterschied fallen wirklich nicht „ins Gewicht“ :-)
    Ich persönlich komme mit etwas mehr Gewicht und einer wertigen Verarbeitung deutlich besser zurecht wie mit den ganzen „Spielzeug“ Kameras ala Olympus … das ist mir zu fummelig …

    Auf einem Stativ, bei Landschaftsfotografie wohl Pflicht, ist die Performance der 645Z fast konkurrenzlos.

  4. Danke für den tollen Bericht. Wirklich schön geschrieben und die Fotos lassen auch einen ersten Eindruck über die Qualität zu.

    Gruß

    picshots | thomas frohnert

  5. Hilger Prast Hilger Prast

    Bitte um Benachrichtigung über weitere Beiträge!

    Viele Grüße, H. Prast

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

I accept that my given data and my IP address is sent to a server in the USA only for the purpose of spam prevention through the Akismet program.More information on Akismet and GDPR.