Ich, der Windows-11-Laptop und ein trauriger Hehler

Seit Anfang 2007 habe ich daheim immer nur Apple-Computer benutzt. Auf den ersten, noch weißen iMac folgte nach einigen Jahren ein MacBook Pro, weil das Display des 21-Zöllers sich überlegt hatte, Nadelstreifen wären der letzte Schrei. Das stimmte irgendwie auch.

Das Notebook war noch ein früheres Modell mit CD-ROM-Laufwerk und augenscheinlich Gewichten im Korpus, wie man sie in Waschmaschinen zu verbauen pflegte. Noch einigen Jahren musste also ein Mac Book Air mit kleinen 11 Zoll her, um ein Notebook auch mitnehmen zu können ohne aus Gewichtsgründen andere wichtige Teile daheim lassen zu müssen. 

Nach nunmehr fast zwei Jahren Homeoffice wollte ich aber endlich Arbeit und Privatvergnügen zumindest auf den Computern trennen. Auf meinem fast acht Jahre alten und dennoch aktuellen iMac hatten sich derart viele Dateien und Apps für die Erwerbsarbeit angesammelt, dass ich immer nur noch einen “Click” vom “Kannst Du mal eben XY machen?” entfernt war. Das wollte ich nicht mehr und der Kauf einen zweiten Rechners, eines Windows-Rechners machte auch aus anderen Gründen Sinn. Ein Auftraggeber hat einen Client, der nicht auf macOS funktioniert und die Tastaturbelegung würde mir die Arbeit auf Remote-Servern erleichtern.

Ich kaufte also ein Lenovo ThinkPad E15 G2 20T8000VGE für unter 900 Euro und der 15-Zöller zeigte sich mit 16 GB Arbeitsspeicher und 512 GB-SSD für meine Zwecke mehr als großzügig ausgestattet. Windows 10 Pro war vorinstalliert, das Update auf Windows 11, das ich haben wollte, war inkludiert. Ein in diesen Kategorien ähnlich ausgestattetes MacBook Pro mit 14”-Monitor schlägt mit 2.300 Euro zu Buche.

Drei Fehlermeldungen bei der Installation von Microsoft Teams und am Tage der Aktivierung war die Testversion der Office 365 Suite schon abgelaufen. Merkwürdigerweise kann ich das Office-Paket bislang aber scheinbar ohne Einschränkungen benutzen. Mir sagt Libre Office aber ohnehin mehr zu.

Und dann hatte ich in der Abteilung “Schnellzugriff” weitere zwei Ordner für meine Arbeitsbereiche einrichten wollen. Sowas sieht Windows 11 Pro augenscheinlich nicht vor. Stattdessen glitt ein Benutzerhinweis von McAffee, was vorinstalliert im Hintergrund irgendwas tut, ins Bild und informierte mich über einen Sonderpreis. Es ploppten übrigens ständig irgendwelche Hinweise auf, am hartnäckigsten waren dabei die panischen Warnungen des Viren(schutz)programms.

Okay, es war dann doch etwas überraschend, dass ich noch einen Treiber für die eingebaute Kamera habe installieren müssen, nachdem das kleine Programm, das „die meisten Probleme“ selbstständig lösen könnte, ratlos war.

Dass sich Lenovo Vantage, eine App, die den Rechner oder Windows verbessern soll, wenige Tage nach dem Kauf (08.01.22) nicht updaten ließ, nahm ich schon mit einem Schulterzucken zur Kenntnis. Ich wähnte mich angekommen und der neuen, alten Windows-Welt.

Anfang Februar dann stellte ich erstmals per Breitbandmessung fest, dass die Geschwindigkeit meiner Internetverbindung auf dem ThinkPad doch erheblich geringer war, als die von Netzanbieterseite möglichen 250 Mbit. Mein iMac im gleichen Raum rauschte mit bis zu 230 Mbit durch die Weiten des Netzes, das ThinkPad erreichte rund 10 Prozent dessen und das auch nicht zuverlässig stabil. 

Ich begab mich also in den Fachhandel und kaufte 15 Meter Netzwerkkabel, um meinen Rechner, der von der Dose recht weit entfernt steht, direkt mit dem LAN zu verbinden. Damit das funktioniert, hätte man aber im Verteilerschank noch ein paar Verbindungen ändern müssen und so fragte ich meinen Nachbarn, der “was mit IT macht”, ob er mir helfen könne. “Netzwerk ist einfach” sagte er und dann stellte er in den Systemeinstellungen Sachen ein, installierte Treiber, stellte fest, dass eine andere Karte für das WLAN verbaut war, als in der Produktbeschreibung und nach einer Viertelstunde rauschten wir durch das Netz – kabellos durch die Nacht!

Dass der Rechner beim Besuch einer Mediathek dann plötzlich einfriert und die Bildschirme schwarz werden – das nimmt man nach eine knappen Vierteljahr mit einem Windows-Rechner ganz offensichtlich – so haben es empirische Studien an meinem Schreibtisch bewiesen – sehr gelassen hin. Früher war das bei Windows 95 ja auch so. So schien ich mir schon die scheinbar pragmatische Lösung mit den LAN-Kabel erklärt zu haben. Anders ließ sich die Sofort-Resignation nicht erklären.

Nun, jedenfalls wurde sehr bald aus “kabellos” das wenig hilfreiche “verbindungslos”. Dass wir jetzt an jedem Arbeitstag gegen Mittag dann auch mal die Verbindung zu Fritz-Box und/oder Internet verlieren, führt nur noch zu automatisierten Handgriffen, um möglichst zügig weiterarbeiten zu können. Die große Gelassenheit verfliegt dann aber ganz geschwind, wenn das Gerät sich überlegt, dass man wegen des großen Erfolgs zur Mittagsstunde auch am Nachmittag mal alle Bindungen fallen lassen könnte. In Videokonferenzen wurde ich für meine kurzen Stippvisiten berüchtigt. Als Bonus trennte sich der Computer auch nicht nur vom Internet, sondern auch von der Bluetooth-Maus. Keine halben Sachen!

Am Ende März dokumentierte ich regelmäßige Verbindungsabbrüche und der Lüfter sprang immer wieder an und sorgte mit 76 db für ein mittelmäßig angenehmes Begleitgeräusch. Die Surfgeschwindigkeit, wenn die Verbindung stand, erreichte nur noch 20-30 Mbit. Ich schritt zum Äußersten und rief den Lenovo-Support an. Der dritte Sachbearbeiter schickte mir dann ein Label und FedEx brachte den Laptop in die Werkstatt nach Polen, wo er sich dann für einige Wochen sehr wohl fühlte.

Zurück bei mir sah ich, dass die Realtek-WIFI-Karte durch eine von Intel ersetzt ersetzt worden war, wie es eigentlich ohnehin sein sollte. Während ich das noch emotionslos zur Kenntnis genommen hatte, traf mich der “Originalzustand” mehr, als wieder Windows 10 Pro installiert war – ein Update auf Windows 11 wurde mir nun aber nicht angeboten und es war nicht möglich, dieses bei Microsoft herunterzuladen.

Ich bespielte den neu aufgesetzten Laptop dann mit dem Nötigsten, nahm achselzuckend zur Kenntnis, dass er maximal 150 Mbit im Netz erreichte und dann huschte mir nach einigen Tagen doch noch ein Lächeln über die Lippen, als ich die Meldung las, dass ein Update auf Windows 11 zur Verfügung stehen würde.

Als Dangerseeker, der ich mittlerweile war, habe ich natürlich sofort installiert und es sah auch gut aus, aber der erste DSL-Speedtest zeigte mir wieder eine Geschwindigkeit von nur 30 MBit an. Okay, ich wollte einen Rechner mit Windows 11 und schnell (und stabil) im  Internet unterwegs sein. Das ging augenscheinlich nicht. Ich chattete also einige Male mit meinem Händler und als er sagte, er könne das Gerät nur zurücknehmen, wenn es zwei Reparatur-Beläge gäbe, packte ich den Laptop in seinen Karton, klebte das Etikett drauf und brachte ihn zu DHL.

Dann ist dieser Karton irgendwann am Abend da abgeholt worden und ist im Lieferwagen herumgefahren und ist in Paketzentren gewesen und dann wieder im Zustellfahrzeug und dann kam er bei dem Servicepartner des Händler an. Das Tracking vermerkte die Zustellung und dann bekam ich eine Email. Man fragte mich, ob ich vielleicht vergessen hätte, den Laptop in den Karton zu packen.

Der Laptop war mit einem chirurgischen Eingriff aus dem Karton gestohlen worden und ich musste nun noch etwas nachhaken und erinnern, um schlussendlich anstandslos mein Geld gutgeschrieben zu bekommen. Jetzt hat also irgendeine arme Sau von einem windigen Hehler aus dem Kofferraum auf einem Rastplatz einen Lenovo-Laptop mit Bindungsängsten gekauft und ich habe mir ein MacBook Air bestellt – für ein bisschen Privatsphäre.