Bei uns zu Hause lag immer der „Aerokurier“ herum – neben der „Yacht“. Mein Vater war vielseitig interessiert und weckte somit auch das Technik-Interesse bei seinen Söhnen. Nachdem ich aber während einer dreiwöchigen Umsegelung um Seeland auf einer Jeanneau durchgehend die Fische gefüttert hatte, schied eine maritime Karriere aus. Maritime Uhr und Barometer in Messing habe ich mir als „Hamburger Jung“ natürlich dennoch in den Flur gehängt.
Flieger bin ich auch nicht geworden, aber der Blick auf die Instrumententafeln von den hinteren Plätzen einer Piper oder Cessna oder von dem Poster eines Airbus-Cockpits in meinem Kinderzimmer ist mir in Erinnerung geblieben und dabei besonders die Klarheit der Borduhren.
Eben solche produziert auch die Firma Sinn Spezialuhren aus Frankfurt am Main. Der Pilot Helmut Sinn (1916 – 2018) hatte die Firma im Jahr 1961 gegründet und neben Borduhren auch Flieger-Chronometer entwickelt, wie sie zum Beispiel Prof. Dr. Reinhard Furrer auf der Spacelab-Mission D-1 1985 in Form der Modell 140 getragen hatte. Weitere Missionen im All folgten für die Sinn-Uhren und festigten ihren guten Ruf. Seit 1994 leitet Dipl.-Ing. Lothar Schmidt, der das Portfolio erheblich erweitert hat, die Firma.
Jetzt hatte ich schon vor Jahren mit der Sinn 856 S geliebäugelt, aber sie niemals in Händen gehalten. In Hamburg gab es seinerzeit nur drei Händler, die die Marke führten und ich hatte nicht die Ausdauer, um sie zur Ansicht bestellen zu lassen, wo sie nicht vorrätig war. Um es abzukürzen: In den letzten Jahren trug ich eine Sinn 903 St, die ich nun beim Juwelier Willer, welchen ich dem in Hamburgs Innenstadt angesiedelten Mitbewerber unbedingt vorziehe, (vielleicht) endlich gegen eine 856 S habe eintauschen können.
Empfand ich nach der ersten Begeisterung den Chronographen 903 doch immer häufiger als zu schwer, zu sperrig und zu überladen und nahm ihn bei der Arbeit am Computer auch regelmäßig ab, ist die kleinere und leichtere Neuerwerbung mein steter und unauffälliger Begleiter, der mir auf den ersten Blick sofort und klar die Antwort auf die oft wichtige Frage „Wie spät ist es?“ gibt. Das tut ein Smartphone auch, aber soll man das immer zu Hand nehmen? Ich denke nicht.
Werk: | Sellita SW300-1 Automatik |
28'800 Halbschwingung pro Stunde (4 Hz) | |
25 Steine | |
Gangreserve: | 42 Stunden Gangreserve |
Stoßsicher nach DIN ISO 1413 | |
Antimagnetisch nach DIN 8309 | |
Gehäusedurchmesser: | 40 mm |
Bandanstoßbreite: | 20 mm |
Gesamthöhe in Mitte der Uhr: | 11 mm |
Gewicht ohne Band: | 70 Gramm |
Gewicht mit Lederband: | 84 Gramm |
Preis: | 1670,00 € (mit Lederband) |
2010,00 € (mit Massivarmband) | |
1930,00 € (mit Silikonarmband) |
Was unterscheidet die Sinn nun zum Beispiel von einer Tissot Chrono XL (Quarz-Werk, 320,00 Euro, 4 Steine, Durchmesser: 45 mm), die für einen günstigeren Preis sogar als Chronograph daherkommt? Zunächst einmal die Haptik und die Qualitätsanmutung und dann verfügt sie auch noch über einige kleine Extras, wie die „Ar-Trockenhaltetechnik“, die für Beschlagssicherheit sorgt, einen Magnetfeldschutz bis 80.000 A/m, einen nickelfreien Gehäuseboden, ein Saphierkristallglass, eine Druckfestigkeit bis 20 bar oder Unterdrucksicherheit. Braucht man das alles? Vermutlich nicht, aber es ist beruhigend, es zu haben.
Was bei all der Begeisterung über die Uhr dann doch ein kleiner (im wahrsten Sinne des Wortes) Wermutstropfen ist, ist das kleine Datum. Bei einer Uhr, die ansonsten so kompromisslos auf Ablesbarkeit ausgelegt ist, hätte es eine Nummer größer ausfallen können. Gewiss mag das verbaute Werk da eine Beschränkung sein, sicher fügt es sich so gut ein ins Gesamtbild, aber mir ist es bei schlechtem Licht zu klein. So, jetzt ist es raus.
Ich hatte ja schon angedeutet, dass die Themen im Blog fortan etwas weiter gestreut würden, aber da ich so einige Fotografen kenne, die sich auch und gerade für mechanische Zeitmesser begeistern können, meine ich, mich nicht auf zu unsicheres Terrain für meine geschätzte Leserschaft zu begeben.