Warum die Bessa III die beste Mittelformatkamera ist

Vor rund zwei Jahren schon hätte ich meine Voigtländer Bessa III einem breiteren Publikum vorstellen können, denn damals hatte die „PhotoKlassik“ ihre Leserschaft nach ihrer Lieblingskamera gefragt und ich schickte einen Link zu meiner ersten Betrachtung der Kamera. Gerne hätte man sie damit vorgestellt, nur leider hatte ich den Text dazu auf Schreibmaschine geschrieben und gescannt und am Ende hatte niemand Lust, die Zeilen nochmals abzutippen. So was das.

Nun also eine zweite Betrachtung, provokant mit einem Clickbait-Titel versehen und einhergehend mit dem Eingeständnis, dass die Bessa III objektiv betrachtet vielleicht gar nicht die beste Mittelformatkamera ist, aber mir ist sie die Allerliebste – bis ich vielleicht mal eine Fujifilm GF670 besitze, aber das ist unter „normalen“ Umständen eigentlich nicht zu erwarten.

Mein Freund Patrick Ludolph stellt meine „Bessi“ vor. Ich durfte mich als Video-Kamera-Kind versuchen, wie es die coolen Kids bei 1,2 oder 3 mit Michael Schanze durften. Paddy hat in seinem Video insgesamt sieben Analogkameras vorgestellt.

Braucht es nun also einen zweiten Beitrag zur Kamera? – Was braucht man schon, aber es ist mir ein Bedürfnis, möglichst viele Interessierte darüber in Kenntnis zu setzen, dass es dieses wundervolle Werkzeug gibt und man es zum Preis einer durchschnittlichen digitalen Vollformatkamera auch noch erwerben kann. Fragt einfach den „Japan Camera Hunter“, der findet sie oder ihre nicht minder schöne Schwester von Fuji für euch.


They are still available. As long as you can pay. The prices have risen by about 50% since they have been discontinued and I don’t see that trend slowing down. The GF cameras are extremely popular and for good reason.

JCH Bellamy Hunt

Im Jahre 2008 vorgestellt, schien die Kamera ein wenig aus der Zeit gefallen, hatte doch zum Beispiel Hasselblad damals aufgehört, analoge V-Serien-Kameras für den 120er Rollfilm zu bauen. Zwar werden immer noch Fotoapparate, um zum Beispiel für die Holga (Affiliate) einen adäquaten Begriff zu finden, gebaut, doch im Profibereich schienen große Teile der Industrie den Film als Auslaufmodell zu betrachten. Der Schritt von Voigtländer/Fujifilm/Cosina wirkte demnach ein wenig trotzig.

Der Neuauflage war dann auch nicht ganz konsequent, denn die klassische Bessa II war zwar auch eine Faltkamera, ebenso wies sie eine Anfangsblende von f3,5 auf, aber das Filmformat betrug 6×9 cm, außerdem (dem angemessen) hatte die II eine Brennweite von 105 mm. Dieser Exkurs ist nicht als Kritik zu verstehen – Format und Brennweite der III sind sehr gut gewählt. Die Renaissance war dann allerdings nicht von langer Dauer. Im August 2014 beschloss man, die die Produktion einzustellen. Drei Jahre später fand man bei B&H New York im Lager noch eine unbekannte Anzahl von nagelneuen Fujifilm GF670, doch der Bestand ist lange ausverkauft.

Schaufenster „Mützen, Hüte Eisenberg“ – Steinstraße, Hamburg

Technische Daten

Voigtländer Bessa III aka Fujifilm GF670 Professional
Typ:Messucher-Faltkamera
Hersteller:Kabushiki kaisha Cosina, Nakano, Japan
Film:Mittelformat (120 und 220)
Aufnahmeformat:6×7 (56×69mm, 10/20 Aufnahmen) und 6×6 (56×56mm, 12/24 Aufnahmen)
Fokus-Umfang: 90cm bis unendlich
Sucher:Übereinstimmungs-Messucher mit hellem Rahmen und automatischem Parallaxen-Korrektur, Verkleinerungsrate: x 0.7
Anzeigen im Sucher:LED; Anzeigen für den Blenden priorisierten Automatik-Modus und korrekt eingestellte Verschlusszeit, manueller Belichtungs-Modus und Batteriewarnleuchte
Objektiv:80mm, f3,5, 6 Linsen in 4 Gruppen, Bildwinkel bei 6x7: 57°, bei 6x6: 53°
Verschluss:Elektronisch gesteuerter Objektivverschluss. Verschlusszeit 4 bis 1/500s (bei Blenden größer als 4,0 max. 1/250s), Bulb per Hand
Belichtungsautomatik: Mittenbetonte Integralmessung, Belichtungskorrektur: +/- 2 in 1/3-Schritten
ISO-Bereich:25 bis 3200 ISO (manuell einzustellen in 1/3 LW-Schritten)
Batterie: CR2 Lithium-Batterie (Affiliate)
Abmessungen: 178mm x 109mm x 138 mm oder 64mm (geschlossen)
Gewicht: 1000 Gramm (ohne Film und Batterie)
Neupreis (D): 2199,00 Euro

In der Praxis

Die Bessa III ist als hochwertige Reisekamera zu verstehen. Eine moderne Mittelformat-Kamera mit sehr gutem Balgen-Objektiv, solider Verarbeitung und einem mehr als ausreichend großem Negativ gab es seit Dekaden nicht mehr. Und das bei verhältnismäßig kleinen Abmessungen. Ich selbst trage sie manchmal in ihrem Lederfutteral in einer Eastpack The One-Tasche (Affiliate) mit mir herum. Sehr viel unauffälliger geht es kaum.

Bin ich aber weniger Hasardeur und möchte die Kamera besser geschützt wissen, nehme ich gerne die sehr kompakte Domke F-5XB (Affiliate) oder die Oskar’s One Day Bag Mark II, die ich einst im New York bei Photo Village gekauft hatte. Vergleichbare Taschen gibt es aber auch von anderen Anbietern.

Zwischen den City-Hochhäusern – Hamburg

Einsatzbereit ist die Bessa III ziemlich schnell. Man entriegelt und öffnet die Objektivklappe, lässt sie einrasten, nimmt die Kamera vor das Auge, wählt (vielleicht auch vorher) die Blende, setzt den Daumen der linken Hand an das Fokusrad und bringt die beiden Bilder im großen und hellen Sucher in Deckung. In der Regel fotografiere ich mit der Belichtungsautomatik. Bei der Belichtungsmesser mit der Kamera muss man sich aber stets vergegenwärtigen, dass es sich um eine mittenbetonte Integralmessung handelt und sich die Gewichtung im Bild genau überlegen.

Alte Fischfabrik – Barnerstraße, Hamburg

Im Urlaub ist die Voigtländer in den letzten Jahren meine erste analoge Wahl und wurde zuletzt nur ergänzt durch eine digitale Ricoh GR. Damit habe ich auf Kleinbild umgerechnet rund 28 mm und 50 mm dabei. Das deckt schon sehr viel ab. Der Falter diente oft auch als Schnappschuss-Kamera für Bilder meiner Familie, die ich an dieser Stelle nicht zeigen werde.

Beim Zusammenfalten der III muss man den Fokus wieder auf unendlich stellen und unter Umständen angebrachte Filter oder die Gegenlichtblende wieder entfernen, sonst lässt sich die Kamera nicht schließen.

Ich beim Treffen der Kaufentscheidung – Photohaus, Hamburg

Was mir nicht ganz so sehr zusagt, ist die Befestigung des Tragegurtes auf der linken Seite. Gerne hätte ich rechts die Möglichkeit, eine Handschlaufe oder etwas ähnliches anzubringen. Aktuell behelfe ich mir mit einer Handschlaufe von Black Rapid (Affiliate), die mit dem Adapter (Affiliate) am Stativgewinde befestigt wird. Das funktioniert, ist aber auch nicht wirklich komfortabel. Was ihr auch fehlt, ist ein schöner Klang beim Auslösen. Das ist konstruktionsbedingt zu erklären, aber für diesen Fetisch habe ich ja auch noch eine Hasselblad mit 6×6-Negativen, die für Shootings usw. eine tolle Wahl ist, aber nicht als „Point & Shot“.

Bedienungsanleitung | Manual

Bedienungsanleitung zum Download

Als kleinen Bonus biete ich hier – handgescannt – die Bedienungsanleitung zur Bessa III zum Download an, wo Voigtländer aka Ringfoto ebenso wie Fujifilm oder Cosina diesen Service nicht mehr anbieten.