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Bellamy Hunt – Auf Kamera-Jagd in Japan

Vor nunmehr gut sieben Jahren habe ich ein Interview geführt mit Bellamy Hunt, einem Engländer, der einst eher zufällig nach Tokyo gekommen war und zunächst bei einer japanischen Firma Anstellung fand, die in der Fotografie-Branche tätig ist.

Als ich mit ihm erstmals sprach, hatte er sich gerade als „Japan Camera Hunter“ selbstständig gemacht und sich dem Handel mit gebrauchten analogen Kameras verschrieben. Der Markt in Japan für diese ist ziemlich groß, außerdem ist es hier möglich, außergewöhnlich gut erhaltene Geräte zu erwerben.

Wenngleich er stets eine Auswahl an Kameras vorrätig hält, bleibt er doch Jäger nach den Wunschkameras seiner Kunden. Im Idealfall weiß der Kunde schon ziemlich genau, was er sucht und Bellamy Hunt nutzt seine Netzwerke und seine Kenntnis des Marktes, um genau das zu finden, was der Kunde begehrt.

Hallo Bellamy! Willkommen zurück auf meinem Blog! Du bist ein Engländer in Tokyo, der Kameras und Zubehör kauft und verkauft. Wie sieht ein typischer Tag des „Japan Camera Hunters“ aus? Was tust Du für dein Honorar, das Du von deinen Kunden erhebst?

Danke, dass ich dabei sein kann. Es gibt keinen wirklich typischen Tag im JCH HQ, weil es immer sehr viel zu tun gibt. Ich bin den ganzen Tag damit beschäftigt, meine Emails zu bearbeiten, weil ich es hasse, wenn sie sich ansammeln. Ich bearbeite Kunden-Aufträge, schreibe Artikel, arbeite an zukünftigen Projekten. Oft bin ich auch unterwegs, um Kunden oder Lieferanten zu treffen.

Ich tue so einiges für mein Honorar. Ich stelle sicher, dass alle Kameras kontrolliert und so möglich einen Service erhalten haben. Ich arbeite mit mir bekannten Lieferanten zusammen, um sicherzustellen, dass wir die höchste Qualität anbieten. Außerdem stelle ich sicher, dass, sofern Probleme auftauchen, wir das umgehend angehen. Ich möchte nicht, dass jemand eine negative Erfahrung haben könnte.

Ist es jemals passiert, dass Du eine Kamera für einen Kunden gekauft hast und sie am liebsten gar nicht an ihn verschickt hättest, weil Du sie gerne selbst in deiner Sammlung gesehen hättest?

Ja, offen gestanden ist das schon mehrmals passiert. Allerdings habe ich einen Job zu erledigen und den mache ich richtig. Manchmal habe ich den Kunden aber in der Tat gefragt, ob ich entweder einige Bilder mit der Kamera oder dem Objektiv machen könne oder diese selbst fotografieren dürfte. Meine Kunden bekommen ihr gutes Stück immer.

Im Herbst 2011 hatten wir unser erstes Interview – in den vergangenen sieben Jahren hat sich eine ganze Menge verändert. Als wir uns das letzte Mal unterhielten, hatten Cosina, Fujifilm, Canon und Nikon noch brandneue Filmkameras hergestellt. mittlerweile hat Cosina die Herstellung der Messsucher mit M-Bajonett für Voigtländer und Zeiss eingestellt. Die wundervolle Bessa III aka Fuji GF670 wird ebenfalls nicht mehr gefertigt. Gibt es noch Hersteller für Kleinbild- und Mittelformatkameras, von Nikon mit der F6, Leica mit der M-A oder Toycamera-Machern abgesehen?

Es gibt kleine unabhängige Hersteller, die Großformat-Kameras produzieren und offensichtlich Lomo. Aber es sind bedauerlich wenige Optionen für neue Kameras auf dem Markt, obwohl ich hoffe, dass es sich ändern wird.

Zurück zur Fujifilm GF670. Wie sieht der Markt meiner persönlichen Lieblingsfilmkamera aus. Wie steht es im Moment um Verfügbarkeit und Preise?

Es gibt sie weiterhin – so lange Du sie bezahlen kannst. Die Preise sind um rund 50 Prozent gestiegen, seitdem die Produktion eingestellt worden ist, und ich sehe nicht, dass sich dieser Trend verlangsamen wird. Die GF-Kameras sind extrem beliebt und das aus gutem Grunde. Aktuell muss man mit Preisen zwischen 250.000 und 300.000 Yen – rund 2.000 bzw. 2.400 Euro – rechnen.

Lass uns sprechen über die Preisentwicklung bei Kleinbild-Kompaktkameras. Für eine Leica Minilux (1995-2003) hat man vor zwei, drei Jahren in Deutschland noch rund 200 Euro anlegen müssen, mittlerweile gehen die Preise bis 700 Euro. Eine Contax T3 (2001-?), Ricoh GR1 (1996-2005) oder eine Minolta TC-1 (1996-2005) kann noch erheblich teurer werden. Warum sind die Leute so an hochwertigen Point & Shot-Kameras interessiert?

Diese Frage lässt sich so leicht nicht beantworten. Kompaktkameras waren immer beliebt und das hat sich nicht geändert, aber die Aufmerksamkeit, die diese Kameras bekommen, hat jedoch durch Prominenz, die sie nutzten, zugenommen. Je mehr Leute also auf solche Kameras aufmerksam werden, desto mehr wollen sie, aber es gibt einen beschränkten Bestand. Es ist schlicht und einfach die Frage von Angebot und Nachfrage und im Moment ist die Nachfrage sehr hoch.

Du verkaufst wundervolle Objektive, die von Herrn Miyazaki in Handarbeit hergestellt werden, Du arbeitest zusammen mit Kanto Camera um Kundenwünsche erfüllen zu können. Wir bist Du mit diesen Partnern zusammengekommen?

Als ich mein Geschäft begann, war mir ziemlich schnell klar, dass ich Dienstleistungen und Produkte anbieten können wollte, die ich proaktiv zu finden hätte. Herrn Miyazaki (ein pensionierter Teleskopentwickler bei einem Spielzeughersteller) hatte ich vor Jahren angesprochen, als seine Objektive noch kaum bekannt waren. Das gleiche gilt für Kanto, auf die ich einst wegen einer Idee zugekommen war. Der Rest ist Geschichte.

Eine andere Firma, die wohl eher Dich gefunden hat, ist ONA, welche eine limitierte Edition einer Kameratasche mit dem JCH auf den Markt gebracht hat. Wie habt ihr zusammengefunden?

In der Tat war dies etwas anders. ONA schlug mir vor, bei einer Tasche zusammenzuarbeiten, was sich als sehr erfolgreich herausstellte.

Was wir nicht unerwähnt lassen wollen, ist der StreetPan 400 (bei macodirect), eine Wiederauflage eines kontraststarken S/W-Films, der in Belgien hergestellt wird und mittlerweile in vielen Ländern dieser Welt erhältlich ist. In meiner Social-Media-Blase scheint der Film sehr bekannt zu sein. Funktioniert dieses Projekt für Dich?

Ja, es ist ein sehr gutes Projekt für mich, weil es mir die Chance gibt, der Community etwas zurückzugeben. Ich bin sehr glücklich mit den Reaktionen auf den StreetPan.

Du hast 126.000 Abonnenten auf Instagram, 44.000 Fans bei Facebook und 15.400 Follower auf Twitter. Die Zahl klingt zunächst einmal sehr beeindruckend, aber auch nach viel Community Management. Wie wichtig ist Social Media für Dein Geschäft?

Social Media ist sehr wichtig für mein Geschäft. Ich würde sagen, vermutlich der wichtigste Teil, weil es ein großartiger Weg für die Leute ist, herauszufinden, was ich verkaufe und welche neuen Projekte ich habe. Ich glaube nicht, dass ich mein Geschäft ohne Social Media machen könnte.

Was ist mit den Trollen?

Füttere sie nicht!

Eine meiner Lieblings-Kategorien auf japancamerahunter.com ist „In your bag“. Es scheint eine Mischung zu sein aus Fotografie, reinstem „Camporn“ und Narzissmus. Das ist völlig in Ordnung wo ich in den letzten sieben Jahren selbst drei Beiträge geschickt habe. Hat jemand mehr als ich geschickt. Ich hoffe es!

Oh ja, ich hatte einige Jungs, die etliche geschickt haben, aber ich habe Limits, wieviele und wie oft ich sie zeige. Es wäre nicht richtig, etliche Taschen ein und derselben Person in dichter Reihenfolge zu zeigen.

Verlassen wir die Fotografie. Neben Kameras, Objektiven, aber auch Filmen, Film Containern oder T-Shirts verkaufst Du auch Luxus-Uhren. Handelt es sich um das gleiche Klientel, das Du ohnehin schon ansprichst?

Luxus-Uhren sind etwas, in das ich ein wenig reingestolpert bin. Ich mag gute Uhren and einigen meiner Kunden ist das aufgefallen und so haben sie gefragt, ob nicht auch für sie welche finden könnte. Ist ist nicht mein Hauptgeschäft, aber ein Teil, der mir viel Spaß macht.

Ich muss gestehen, dass ich mechanische Uhren wirklich ziemlich gut finde und dass ich mich in den letzten Wochen ein wenig verliebt habe in eine Grand Seiko. Ich habe sie mir einfach mal angesehnen und sie ist in der Tat von außergewöhnlicher Verarbeitung, das Uhrwerk scheint eines der besten am Markt zu sein, sie ist wundervoll puristisch. Ich erzählte einem Freund, dass ich mir eine solche kaufen würde, wenn ich mal im Lotto gewänne. Er sagte sinngemäß, dass es eine sehr gute Uhr sein mag und sie großartig aussähe, aber am Ende sei sie wie ein Lexus, das Image stimme nicht. Wird sich diese Sichtweise in Zukunft ändern?

Ich verstehe die Geringschätzung deines Freundes gegenüber Lexus nicht. Das sind gute Autos. Grand Seikos sind überragende Uhren. In Wirklichkeit erachten Uhrenkenner sie als Japans am Besten gehütetes Geheimnis.

Vielen Dank für das Gespräch.

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