Chief Mate Strap – Der Smutje

Rund eine Stunde strich die norddeutsche Landschaft an uns vorbei, bevor wir aus Hamburg kommend das 8.000-Einwohner Städtchen Kellinghusen unweit von Itzehoe erreichten. Mein Freund Paddy wollte einen seiner Leder-Lieferanten für seine „Chief Mate“-Kameragute (Facebook-Seite) besuchen und hatte mich gefragt, ob ich nicht mitkommen wollte.

Da standen wir nun also, die beiden Nasen aus der großen Stadt, das Auto elegant in eine Parklücke gezirkelt und auf ein altes Haus zu stapfend. Am Eingang einsilbige und doch herzliche Begrüßung, über die Türschwelle getreten verursachte jeder Schritt ein wohliges Knarzen des alten Fußbodens und nach einigen Sekunden der Orientierung wurden wir in ein Büro gebeten, dessen Einrichtung Retro-Fan-Hipster vermutlich ganz entzückend gefunden hätten. Die, äh, zeitlose Einrichtung mischte eine gewisse Art der Heimeligkeit mit einer großen Portion Pragmatik. „Ist doch noch gut und funktioniert.“ Die Geschäftsräume dienten nicht der Repräsentation, hier werden Verträge gemacht, Bestellungen bearbeitet. Das Produkt steht im Mittelpunkt und das sollten wir gleich sehen.

Die Familie Kobel betreibt seit 1877 an gleicher Stelle diese Lederfabrik und die lange Geschichte von Firma und Haus ist an allen Ecken und Enden spürbar. Seien es die alten Maschinen, die schon drei bis vier Generationen benutzt haben, sehen es die großen Tische, auf denen das Leder gesichtet, sortiert und zugeschnitten wird – das hat die beiden Besucher doch nachhaltig beeindruckt. Ich finde sowas toll, zumal ich selbst handwerklich gerade ausreichend begabt bin, um daheim erster Ansprechpartner zu sein, wenn es um kleine Reparaturen oder das Anbringen von Irgendwas geht. Falls noch jemand einen Telecaster-Bausatz braucht, gebt mir einfach Bescheid.

Diese kleine Tagesreise haben wir vor etwas einem Jahr unternommen und seit einigen Monaten gibt es aus dem Leder der Firma Kobel neben dem großen „Chief Mate“-Gurt auch das kleinere Modell „Smutje“ ohne die Karabiner zum schnellen Wechsel – ein ganz klassisches Modell. Wir schon der große Bruder ist der Gurt haptisch einfach toll, er riecht, wie ein gutes Lederprodukt riechen soll und begeistert mich, der sonst oft das Haar in der Suppe findet, vollumfänglich. Die Verarbeitung ist erstklassig, die Kamera wird durch eine Lederunterlage vor dem Ring geschützt und das Unterleder ist sehr weich und es mindert das Rutschen auf der Kleidung. Soweit zum Funktionsumfang, wen man kaum epischer beschreiben könnte. Zwei Kilogramm soll der Gurt halten. Ich war jetzt noch nicht ängstlich.

Mit dem Blick hinter die Kulissen einer Lederfabrik, die Becken der Gerberei, wo das Leder nur mit rein pflanzlichen Stoffen behandelt wird, hat man natürlich noch eine bessere Vorstellung vom Weg der Produktion. Natürlich haben wir uns mit Sebastian Kobel auch darüber unterhalten, wie man zu einem solch tierischen Produkt steht. Richtig ist, dass Leder – in diesem Fall – vom Rind kommt, aber für das Leder wird, anders als bei Pelzen, kein Tier getötet. Die Lederfabrik verarbeitet, was übrig bleibt – um jetzt nicht Upcycling zu schreiben, was ich als sehr nachhaltig empfinde. Wenn ich mir ansehe, dass zum Beispiel Schuhhersteller Dr. Martens jetzt auch eine „Vegan“-Serie anbietet, wo Kunstleder aus Erdöl, Chemie und Gewebe benutzt werden, um ein nicht annähernd so haltbares Material zu schaffen, dann bevorzuge ich das Naturprodukt.

Der „Smutje“ ist aus zwei Ledern vernäht (robustes Oberleder, weiches Nubuk-Unterleder), 18 mm breit und damit 4 mm schmaler als der normale „Chief Mate“, außerdem in zwei verschiedenen Längen (133 mm oder 125 mm) und unterschiedlichen Farben (es gibt auch Kleinstserien) für 89,00 Euro im shop.neunzehn72.de zu bekommen.