Ricoh GR – die Betrachtung

Schwarz, klein, stark – Geschickt, wie eingängig skizziere ich in Anlehnung an einen Slogan für einen deutschen Reifenhersteller die Grundzüge der neuen Ricoh GR (amazon-Link), die ich nun schon einige Wochen habe benutzen können und im ersten Kontakt und einer erschöpfenden Dokumentation des Auspackens bereits thematisiert hatte. Man könnte fast meinen, dass ich die Kamera zu gerne daheim aufgenommen habe und so ist es auch.

Harbor Girl

Ausstattung – Keine Motivprogramme, keine Apps, kein Wi-Fi, kein GPS, keine Panoramafunktion, keine Lächelauslöseautomatik, keine eingebaute Anleitung – es wird trotz der neuen Effect-Taste an der Seite Verzicht geübt auf 117mm Breite, 61mm Höhe und 34,7mm Tiefe bei 215g Gehäusegewicht – das ist Jackettaschen-tauglich. Diese Eckdaten machen die GR zu einer Kamera, die man immer dabei haben kann und ich habe sie, die auch in HD filmt, immer dabei. Man könnte klagen darüber, dass es kein Ladegerät gibt, sondern, wie bei so vielen Kameras in dieser Zeit nur ein USB-Kabel mit Netzstecker mitgeliefert wird, um den Akku in der Kamera zu laden, man könnte das Fehlen eines Suchers bemängeln und ich tue das bei prallem Sonnenschein naturgemäß auch, doch all diese Teile sind zumindest verfügbar: Ricoh BJ-6 Ladegerät oder die Sucher GV-1 und GV-2.

ISO 1600

ISO 1600

Technisches Pflichtprogramm – Ein Testbericht wäre kein Testbericht, wenn er sich nicht zumindest mühen würde, die Eckdaten der Kamera zu skizzieren. 16 Megapixel APS-CMOS Sensor mit einer ISO von 100 bis 25.600, wobei ich in geschlossenen Räumen wohl nur ungerne höher als 3.200 gehen würde, 6.400 ist gerade noch in Ordnung, dann wird es schon etwas arg körnig. Die Brennweite liegt bei 18.3mm, was auf Kleinbild übertragen 28mm entspricht. Die ausgegebenen Dateien haben eine Größe von bis zu 4928×3264 Pixeln. Sehr komfortabel finde ich, dass die Verschlusszeit von 1/4.000 bis zu 300 Sekunden reicht und erst nach über fünf Minuten der Bulb-Modus bemüht werden muss. Der eingebaute Blitz hat die Leitzahl 5,4 und hat sich in vielen Situationen (innen) als verlässlicher Master erwiesen. All jenen, die noch mehr Fakten benötigen, sei der Weg nach der Lektüre meines Testberichts, auf die entsprechenden Seiten von Pentax Ricoh anempfohlen.

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Weiteres Zubehör – Ich habe zur Kamera gleich mit Einzug halten lassen den Adapter GH-3, der über ein 49mm Filtergewinde verfügt und mir damit zum Beispiel unter Zuhilfenahme von Graufiltern Langzeitaufnahmen gestattet. Das ist bei vorliegenden Brennweite fraglos eine reizvolle Sache. Dazu gab es noch eine Gegenlichtblende, die ich hier einmal außen vor gelassen habe. Ein weiteres Zubehörteil ist die Weitwinkellinse, die in das Filtergewinde geschraubt wird und die Brennweite auf 21mm ändert. Hier winkt irgendwie im Hintergrund der Sportsfreund Tim Timelapse (Name durch die Redaktion geändert), auf den ich noch zu sprechen kommen werde. Einen Blitz, ein Täschchen und Gurte bietet Ricoh außerdem an. Ich habe dagegen die kleine Crumpler Light Delight 100-Tasche gekauft, die die Kamera, ein, zwei Speicherkarten und ein Reinigungstuch aufnimmt.

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Crop 100%

Ergebnisse – Über Haptik und Bedienung hatte ich mich ja schon ausgelassen und das sehr wohlwollend, die Bedienung ist klar, es gibt viele praktische Funktionen, die ich zum Teil noch näher beleuchten werde. Einige Interessierte fragten mich, wie sich die GR denn zum Beispiel im Vergleich zur Fujifilm X100S schlagen würde, auch und gerade in Sachen Abbildungsleistung. Diese Frage kann ich leider nicht beantworten, auch wenn ich die X100 gut 1,5 Jahre mein Eigen hatte nennen können. Glaubt man aber der Berichterstattung, dann ist die zweite Generation der Fuji deutlich verbessert. Vom Mitbewerber einmal abgesehen, bin ich mit der Schärfe, die durch den Wegfall des Low Pass Filters (Beitrag in fotointern.ch) noch verbessert wird, sehr zufrieden.

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Sehr charmant finde ich ja, dass man die Makro-Funktion so viel schneller erreicht, als bei der Fuji X100, da man mit dieser doch sehr schön spielen kann, wie bei diesem Typenschild eines alten Dodge. Was die GR der Fuji zudem noch unbedingt voraus hat, ist die Arretierung des Wahlrades oben auf der Kamera. Wenngleich es bei der X100S die Belichtungskorrektur und nicht den Modus betrifft, die ständig verstellt wird, ist dieses kleine Feature unbedingt erwähnenswert.

Insgesamt ist die GR unheimlich schnell. Eine Sekunde vergeht, bis man nach dem Einschalten schussbereit ist, etliche Funktionen sind nur einen Knopfdruck entfernt, wobei man zwei Positionen selbst frei belegen kann. Bei gutem Licht, so sagt Ricoh, braucht der Autofokus 0,2 Sekunden zum Scharfstellen, was bei etwas schlechteren Verhältnissen empirisch belegt auch mal länger dauert. Die Auslöseverzögerung ist sehr kurz, Ricoh nennt 0,03 Sekunden, was ich natürlich nicht nachmessen konnte.

Timelapse – Obwohl ich schon mehr Kameras besessen habe, als ich brauchte, war bis dato niemals ein Modell dabei, das mir im Menü die Möglichkeit einräumte, Intervallaufnahmen zu machen. Das hat sich mit der Einkehr der GR erledigt! Ich kann den Abstand zwischen den Aufnahmen von 1 bis 55 Sekunden bestimmen und 1 bis 99 Aufnahmen oder ∞ verlangen, was dann vermutlich Ende von Akku- oder Kartenkapazität bedeutet. Bislang bin ich für eine Sequenz nicht über knapp 300 Bilder hinausgekommen. Ein wenig scheue ich ja auch den Verschleiß am Verschluss.

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Als ob diese Funktion nicht schon komfortabel genug wäre, wenngleich ich mir erweiterte Einstellungen ob der Anzahl der Aufnahmen wünschen würde, sei auch noch die Fokussierung erwähnt, wo ich nicht erst in den manuellen Modus muss um dann z.B. auf ∞ zu stellen – in der Einstellung Fixfokus geht das sehr schnell. Meine Ergebnisse sind ja noch absolut ausbaufähig – um mir mal selbst zu schmeicheln – und es gibt noch viele Mittel, um diese Filmchen etwas dynamischer zu gestalten, aber da verweise ich lieber gleich auf den werten Gunther, dem Mann hinter LRTimelapse. Ich selbst habe diese Bilder durch den Time Lapse Assembler gescheucht und anschließend in iMovie nachbearbeitet – das am Rande.

Hamburg 15s

Fazit – Sie ist klein, sie ist schnell, sie ist gut verarbeitet, sie ist sehr kompakt und liefert gute Ergebnisse. Gewisse Beschränkungen, wie die nach heutigen Maßstäben vielleicht sehr reduzierte Ausstattung und die feste weitwinklige Brennweite muss man in Kauf nehmen, doch – ich wäre fast versucht, Supersportwagen ohne Klimaanlage, ohne Navigationsgerät und ohne Musikanlage als Vergleich heranzuziehen – man braucht das Gros des Weggelassenen nicht, um ein gutes Foto zu machen.

Der Verzicht spiegelt sich nicht nur in der handlichen Größe, sondern auch im Preis wieder. Mit rund 750 Euro ist die Ricoh GR (amazon-Link) zum Teil deutlich günstiger als die Mitbewerber aus den Häusern Nikon (Coolpix A, knapp 950 Euro), Fujifilm (X100S, knapp 1.200 Euro), Sigma (DP1 Merrill, auf rund 800 Euro gefallen, mein Test) oder Leica (X2, ab 2.000 Euro).

Ich habe übrigens auf flickr die Gruppe Ricoh GR V gegründet. Interessierte und GR-Besitzer sind herzlichst dazu eingeladen, diese zusammen mit mir mit Leben zu füllen.



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